Über mich

Ich bin immer auf der Suche nach Literatur, die jungen Menschen Lust auf's Lesen macht!

Freitag, 28. November 2014

LovelyBooks Themenchallenge 2014 - GESCHAFFT!

Wie schon im April dieses Jahres berichtet, veranstaltet die Leser-Plattform www.lovelybooks.de eine "Themenchallenge", bei der man innerhalb eines Kalenderjahres 15 Bücher aus 20 Kategorien lesen soll. Wer das schafft, nimmt an einem Gewinnspiel teil.

Auch ich habe fleißig gelesen und stelle nun meine fertige Liste vor. Die meisten Bücher sind hier rezensiert (siehe Balken rechts). Jene, die es (noch) nicht auf meinen Blog geschafft haben, könnt ihr über LovelyBooks ansteuern.

Thema 2: Teil einer Reihe (ab mind. 2 Bänden)
Laura Newman: Nachtsonne. Flucht ins Feuerland
http://www.lovelybooks.de/autor/Laura-Newman/NACHTSONNE-Flucht-ins-Feuerland-1087147580-w/rezension/1107024724/

Thema 3: vorrangig rotes Cover
Ursula Poznanski: Erebos

4. Bücher, deren Buchtitel eine Zahl enthalten
Jean-Philippe Blondel: 6 Uhr 41

5. Bücher, die ausschließlich als Taschenbuch / Broschur erschienen sind
Anna Kuschnarowa: Djihad Paradise

7. Bücher, die bisher noch keine Rezension auf LovelyBooks hatten
Jens Rassmus: Ein Pflaster für den Zackenbarsch

Thema 9: deutschsprachige/r Autor/in
Juli Zeh: Adler und Engel
http://www.lovelybooks.de/autor/Juli-Zeh/Adler-und-Engel-107177258-w/

Thema 10: weniger als 250 Seiten
Janne Teller: Krieg

Thema 11: vorrangig Schrift auf dem Cover
John Green: Das Schicksal ist ein mieser Verräter (ursprüngliche Covergestaltung, nicht Cover zum Film!)

Thema 12: Autor, der schon mind. 5 Bücher veröffentlicht hat
Carlos Ruiz Zafón: Der Gefangene des Himmels

Thema 13: Hardcover mit Schutzumschlag:
Jamie Ford: Die chinesische Sängerin

Thema 14: Buchtitel besteht aus mind. 5 Wörtern
John Corey Whaley: Hier könnte das Ende der Welt sein

Thema 15: Übersetzung - nicht aus dem Englischen oder Französischen
Nina Vogt-Østli: Der Tag wird kommen (Übersetzt aus dem Norwegischen)

Thema 16: Schauplatz mit mind. 1 Mio. Einwohner
Carlos Ruiz Zafón: Das Spiel des Engels
http://www.lovelybooks.de/autor/Carlos-Ruiz-Zafón/Das-Spiel-des-Engels-490120536-w/

Thema 18: mind. 3 Lebewesen auf dem Cover
Finn-Ole Heinrich: Die erstaunlichen Abenteuer der einzigartigen, ungewöhnlich spektakulären, grenzenlos mirakulösen Maulina Schmitt. Mein kaputtes Königreich
Auf dem Cover sind die Protagonistin Maulina Schmitt, 2 Schildkröten und ein Insekt (eine Biene?) zu sehen.

20. Bücher, deren Hauptfigur mindestens 10 Jahre jünger oder älter als ihr selbst ist
Jenny Valentine: Das zweite Leben des Cassiel Roadnight



Dienstag, 25. November 2014

Das Schicksal ist ein mieser Verräter

John Green (Hanser 2012)

Gerade hab ich eine unveröffentlichte Rezension vom August gefunden ... Meine wunderbare Seelektüre! Die ist zwar nicht neu, aber vorenthalten will ich sie auf keinen Fall:



Quelle: www.hanser-literaturverlage.de



In John Greens 2012 erschienenen Bestseller Das Schicksal ist ein mieser Verräter begleitet der Leser die 16-jährige Hazel in ihrem Alltag als krebskranker Teenager. Da ihr Schilddrüsenkrebs in die Lunge metastasiert, hat sie immer eine Sauerstoffflasche dabei, die sie auf einem kleinen Wagen hinter sich herzieht - so kann jeder schon von Weitem sehen: Hier kommt ein krankes Mädchen.
Bei einer Sitzung ihrer Selbsthilfegruppe lernt sie Augustus kennen, der wegen Knochenkrebs ein Bein verloren hat. Die beiden treffen sich häufig. Sie werden ein Paar und teilen die Leidenschaft für einen bestimmten Roman, reisen sogar nach Amsterdam, um den Schriftsteller zu treffen. Doch leider ist das Schicksal in ihrem Fall wirklich ein mieser Verräter ...







Nun könnte man meinen, dieser Jugendroman sei bloß eine weitere Liebesgeschichte vor dem Hintergrund einer traurigen Wirklichkeit. Doch John Green hat viel mehr geschaffen als das. Er zeigt die Ängste, die Hoffnungen und Enttäuschungen sowie die Überlebensstrategien der einzelnen Figuren auf: der unheilbar kranken Jugendlichen, der Eltern, der Freunde aus besseren Tagen. Dies gelingt dem Bestseller-Autor auf bemerkenswerte Art und Weise.
Zwar folgt er dabei dem üblichen Aufbau eines klassischen Romans, wie man ihn auch aus Hollywood-Streifen kennt, doch dies nimmt man ihm nicht übel. Vielmehr ist es wohl genau diese Mischung, die Das Schicksal ist ein mieser Verräter zu einem wunderbaren, durchaus lustigen, doch unweigerlich traurigen Jugendroman und zu einer der beliebtesten Klassenlektüren der heutigen Zeit macht. Letzteres wird wohl durch das Erscheinen des Films (seit Sommer 2014 im Kino) boykottiert. Aber auch Klassenlektüren sollten nicht ewig die gleichen bleiben.
Das Buch zu lesen zahlt sich auf jeden Fall aus, denn während der Film (wie so oft) den Fokus auf die Liebesgeschichte der Protagonisten legt somit den Charakter eines schnulzig-traurigen Teenie-Films annimmt, ist die Romanvorlage von erfrischendem Humor geprägt.

John Green ist neben seiner Schriftstellerei ein fleißiger Blogger/Video-Logger ...

... und Twitterer.

Tatsächlich war Das Schicksal ist ein mieser Verräter dank eines Tweets des Erfolgsautors bereits vor dem Erscheinen ein Bestseller! Als Dank an die Vorbesteller versprach er jedem von ihnen ein Autogramm im Buch und signierte damit 150.000 Exemplare für seine Leser!

Besonders gefällt mir der youtube-Channel "Crash Course", bei dem John Green gemeinsam mit seinem Bruder kurze Videos über historische Themenbereiche postet: https://www.youtube.com/channel/UCX6b17PVsYBQ0ip5gyeme-Q



Dienstag, 11. November 2014

Das zweite Leben es Cassiel Roadnight


Jenny Valentine, dtv 2011


Quelle: www.dtv.de


In einer Notunterkunft in London wird ein obdachloser Teenager als Cassiel Roadnight identifiziert. Dieser ist seit beinahe zwei Jahren abgängig - weggelaufen, heißt es. Dass der Jugendliche in der Unterkunft gar nicht Cassiel ist, glaubt man ihm in der Euphorie nicht. Zu stark ist die Ähnlichkeit mit dem Foto in der Vermisstendatei. Man redet dem Betroffenen also gut zu, er brauche keine Angst zu haben, er könne den Betreuern vertrauen. Schließlich gewinnt der Gedanke an eine sich sorgende Familie, in die er "zurückkehren" könnte, immer mehr an Attraktivität. Eine richtige Familie hatte der Ich-Erzähler, der immer nur Chap genannt wurde, noch nie. Cassiels Lebens zu "stehlen" erscheint ihm plötzlich praktisch.









Ganz so einfach ist die Integration dann aber nicht. Fragen sollen beantwortet, Personen wiedererkannt werden. Zudem scheint Cassiels Mutter ein Drogen- oder Alkoholproblem zu haben und Cassiel selbst dürfte nicht gerade der netteste Sohn und Bruder gewesen sein. Zudem tun sich Geheimnisse auf, die Chap Rätsel aufgeben.

Das zweite Leben des Cassiel Roadnight ist ein packender Jugendroman, der den Leser in eine Situation mitnimmt, die einem selbst völlig neu ist. Wie täuscht man Familienmitgliedern vor, mit ihnen groß geworden zu sein? Wie umgeht man die Frage, warum man verschwunden ist? Und vor allem: Wie geht man damit um, dass man den wahren Grund des Verschwindens gar nicht kennt?

Auf dem Buchmarkt hat der Thriller ab 12 Jahren schon bei seinem Erscheinen Eindruck gemacht. So findet er sich 2011 nicht nur auf der Liste der "besten 7 Bücher für Jugendliche" des Deutschlandfunks, sondern ist im November Jugendbuch des Monats der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur. 2012 steht Cassiel Roadnight auch auf der Empfehlungsliste für den Katholischen Kinder- und Jugendliteraturpreis.

Für Lehrer gibt es im dtv-Lehrerportal auch ein Unterrichtsmodell für die 8. und 9. (in Österreich 4. und 5.) Klasse, doch mit der zentralen Frage der Identität sowie ethischen Fragestellungen, die sich aus dem Handlungsverlauf ergeben, werden auch ältere Jugendliche gut mit dem Roman arbeiten können.

Sonntag, 26. Oktober 2014

Ein Pflaster für den Zackenbarsch


Jens Rassmus, Residenz 2014


Quelle: www.residenzverlag.at


Seit "Findet Nemo" hat sich der Doktorfisch einen Platz in unseren Herzen erschwommen und nun ist ihm ein eigenes Buch gewidmet! Wer dabei aber an die verwirrte, vergessliche Dori und ihr Motto "Einfach schwimmen!" denkt, hat weit gefehlt, denn der Doktorfisch aus Jens Rassmus' Buch Ein Pflaster für den Zackenbarsch ist ein richtiger Arzt.



Mit seinem treuen Gefährten, dem Kofferfisch (seinem Arztkoffer sozusagen), ist er durch die Meere und sogar darüber hinaus unterwegs, um Wehwehchen aller Art zu kurieren. Dabei muss er schon mal einer Krake erklären, dass ein Knochenbruch bei einem Weichtier gar nicht möglich ist, tiiiiief in einen Patienten vordringen, um die Ursache seiner Bauchschmerzen zu finden, oder weinend zur kranken Süßwasserforelle schwimmen.







Neben den lustigen Geschichten, die doch auch irgendwie lehrreich sein können, finden sich in diesem Buch wunderschöne Illustrationen, in beruhigenden Farben, die nicht nach Computergrafik, sondern nach gemalten Bildern aussehen.

Ein Pflaster für den Zackenbarsch ist ein wunderbares Buch, und das nicht nur für Kinder! Daraus kann man auch schon mal bei einem lustigen Abend mit Freunden vorlesen und gemeinsam über absurde Unterwasser-Situationen wie das Silvester-Raclette der Krakenfamilie lachen.

Hier geht's zum Buch auf www.residenzverlag.at!

Montag, 13. Oktober 2014

6 Uhr 41

Jean-Philippe Blondel, Deuticke 2014


 
Quelle: Hanser-Literaturverlage.de




Cécile Duffaut und Philippe Leduc. Sie waren einmal ein Paar, aber das war erstens nur von kurzer Dauer und ist zweitens inzwischen siebenundzwanzig Jahre her. Nun begegnen sie sich wieder und zwar - für sie völlig unerwartet, doch für den Leser ob des aussagekräftigen Titels vorhersehbar - im Zug. Während die eineinhalbstündige Fahrt nach Paris verstreicht, monologisieren beide gedanklich dahin, philosophieren über das Leben, das sie bereits gelebt haben, und wagen dabei (anders als der Klappentext vermuten lässt) kaum darüber nachzudenken, was denn nun gewesen wäre, wenn ...








Generell verspricht der Klappentext so einiges, was er meiner Ansicht nach nicht hält, zum Beispiel "eine wunderbare Komödie, in der wir uns alle wiederfinden". Ich konnte mich zwar schon darin wiederfinden, allerdings muss ich mir die Frage stellen, ob ich vielleicht mit neunundzwanzig Jahren zu jung für dieses Buch bin. Die Gedanken der Figuren und das Nachsinnen über den Verlauf des eigenen Lebens kann ich zwar gut nachvollziehen, allerdings hat es mich kaum unterhalten und eine "wunderbare Komödie" ist das Buch in meinen Augen schon gar nicht. Vielmehr tröpfelt es eben so dahin und schildert dabei sogar noch weitgehend bedrückende Erlebnisse im Leben der beiden Ich-Erzähler. Auch der Hinweis auf die Erinnerungen daran, "wie verliebt sie vor fast dreißig Jahren waren, als sie zusammen ein romantisches Wochenende in London verbringen wollten, und dort alles aus den Fugen geriet ..." lässt den Roman lebendiger erscheinen, als er ist.
"Und wer einmal eingestiegen ist, der will es wissen: [...]", wird aber enttäuscht, denn zum einen bietet das (vielleicht) offene Ende nicht wirklich eine Auflösung, zum anderen habe ich mir schon die ganze Zugfahrt lang gedacht: "Du wirst doch nicht so dumm sein ..." und "Blondel wird doch nicht so kitschig sein ...". Im Übrigen wollte ich es auch gar nicht so dringend wissen, wie der Klappentext es mir vorausgesagt hatte, denn obwohl das Thema mich an sich anspricht, hat mich der Roman nicht gepackt und ich musste mich zwingen, ihn auszulesen, denn mehr als "ganz nett" ist er in meinen Augen nicht. Vielleicht in zehn Jahren ...

Dienstag, 23. September 2014

Djihad Paradise

Anna Kuschnarowa, Beltz & Gelberg 2013


Quelle: www.beltz.de






Romera und Julian. Zwei Liebende aus Familien, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: Julian lebt allein mit seinem arbeitslosen Vater in einer verwahrlosten Wohnung, Romera entstammt einer wohlhabenden Familie und hat einiges auf der hohen Kante. Neu ist dieses Konzept nicht, auf mich wirkt es sogar abgedroschen. Dazu kommt noch die "Berliner Jugendsprache", die das Ganze wohl für jugendliche Leser ansprechender machen soll. Nach einigen Seiten ging es mir schon auf die Nerven. Trotz meiner Überzeugung, dass man ein Buch nicht zu Ende lesen muss, habe ich es nicht aufgegeben, denn inhaltlich hat Djihad Paradise einiges zu bieten.





Aus wechselnder Erzählperspektive wird die Liebes- und Glaubensgeschichte zweier deutscher Teenager erzählt. Anna Kuschnarowa lässt die beiden Jugendlichen mit den klingenden Namen in einem Einkaufszentrum aufeinander treffen und auf ihre gemeinsame Vergangenheit zurück blicken. Das Besondere daran: Julian trägt einen Sprengstoffgürtel und ist offenbar dazu bereit, sich selbst und die Menschen um sich herum im Zeichen des Djihad in den Tod zu schicken. Die Erinnerungen der ehemals Liebenden rekonstruieren eine Geschichte, in der sich zwei junge Menschen von ihren Familien ab- und einer neuen Religion - dem Islam - zuwenden.
Julian, der beim Drogendealen erwischt wird und hinter Gitter wandert, lernt im Gefängnis den konservativ gläubigen Moslem Murat kennen, der ihn mit seinem Glauben an Allah und die Gesetze des Islam ansteckt. Wieder in Freiheit wohnen die beiden zusammen und Murat führt Julian in eine fundamentalistische Salafistengemeinde ein. Erst ist Romera gegen das Ganze, doch nach einiger Zeit wird auch sie gläubige Muslima. In einer Notsituation flüchten sie in die Moschee und finden dort Zuflucht, bis Julian und Murat zur Märtyrer-Ausbildung nach Ägypten geschickt werden und Romera die Gemeinschaft verlässt.

Für mich ist es schwer vorstellbar, dass beide - Julian und Romera - nach nur einer meditativen Gebetserfahrung von einer neuen Religion so verzaubert sind, dass sie alles über sie erfahren und ihr ihr Leben widmen wollen. Noch dazu, wenn sie sich doch zu Beginn noch dagegen sträuben. Ich unterrichte Religion und bin sehr für die Akzeptanz zwischen Islam und Christentum. Stellenweise war ich mir beim Lesen nicht sicher, ob nicht ein Bild gezeichnet wird, in dem der Islam sozusagen als "Kinderfänger" dargestellt wird, schließlich weiß man von Beginn an, wohin die Gemeinschaft Julian führt. Allerdings wird auch deutlich, dass es sich bei der Gemeinde, in die die Teenager, die religiös bisher nicht verwurzelt waren, hineingeraten, um eine fundamentalistische Gruppierung handelt, die terroristische Angriffe nicht verurteilt und sogar den Kontakt zur Terrorgruppe in Ägypten herstellt. Als Romera die Gemeinschaft verlässt, wendet sie sich außerdem nicht vom Islam ab, sondern findet ihre religiöse Heimat in einer Gruppe gemäßigter junger Muslime, die die Salafistengemeinde scharf kritisieren. Der Leser erkennt: Muslime sind nicht gleich Muslime.

Derzeit ist die Terrorgruppe Islamischer Staat in allen Medien präsent. Vergleicht man den Werdegang des jungen Julian in Djihad Paradise mit dem, was man von Experten über die Anwerbung von Kämpfern für den "heiligen Krieg" erfährt, wird klar, dass Anna Kuschnarowa ihren Roman durchaus realistisch konzipiert hat. Nach der Lektüre bleibt der Eindruck, dass dies ist nicht nur eine x-beliebige, erfundene Story ist, sondern heute so, oder so ähnlich, in Frankreich, Deutschland, Österreich passiert.

Sonntag, 21. September 2014

tschick

Wolfgang Herrndorf, Rowohlt 2012


www.rowohlt.de





Tschick ist ein Jugendroman, der mir in einigen Empfehlungen für den Literaturunterricht begegnet ist und der - so glaube ich - mal ein Buch ist, das jungen Menschen wieder Lust auf's Lesen macht. Und: 2014 halte ich die unglaubliche 29. Auflage des erst 2012 erschienenen Romans in Händen.














Endlich Sommerferien! Vor Maik Klingenberg liegt eine Zeit, die nur ihm gehört: sturmfrei! Doch so problemlos wie das klingt, ist es nicht. Sein Vater fährt auf eine angebliche Geschäftsreise mit seiner Assistentin, doch Maik weiß, dass die beiden ein Verhältnis haben. Die Mutter ist (wieder einmal) in einer Entzugsklinik. Dass diese traurigen Umstände im Buch fast etwas unterzugehen scheinen, liegt wohl daran, dass Maik die Wahrheit zwar kennt, sie aber beiseite schiebt.
Die elternfreie Zeit will der 14-Jährige eigentlich mit Computerspielen und Alleinsein zubringen. Doch dann fährt sein aufdringlicher russischer Mitschüler Andrej Tschichatschov, kurz Tschick genannt, mit einem gestohlenen Auto vor. Noch dazu handelt es sich dabei um das wohl auffälligste Gefährt weit und breit: einen hellblauen Lada. Tschick überredet Maik erst zu einer Spritztour, dann zu einem Urlaub in ebendiesem Wagen. Und schon beginnt ein Abenteuer, das einem die Lachtränen in die Augen treibt, denn die beiden Schüler treffen auf ihrer Reise zu Tschicks Verwandten in der Walachei auf skurrile Persönlichkeiten, die ihnen aber (meistens) freundlich begegnen.
Hinter dem skurrilen, gut gelaunten Sommertrip liegt jedoch ein harter Alltag, den der Leser erahnen kann, als Maiks Vater seinen Sohn dazu drängt, in einer Verhandlung der Vorfälle seine neu gewonnenen Freund Tschick - dem Russen, dem Bruder eines Kriminellen, dem schon einmal auffällig Gewordenen - allein die Schuld zu geben.

Besonders liebenswert erscheinen die beiden Protagonisten, weil Wolfgang Herrndorf darauf verzichtet, seine "Helden" zu coolen, frühreifen Vorbildern zu machen, sondern sie trotz ihres wilden Trips doch auch noch Kinder sein lässt. So übt Maik auf einer Wiese das Autofahren und Tschick klebt sich schwarzes Klebeband auf die Oberlippe, um beim Fahren nicht als 14-jähriger Teenager erkannt zu werden.

Auch sprachlich schafft Herrndorf einen Balanceakt, denn die Dialoge sind weit im jugendsprachlichen Feld anzusiedeln und bleiben trotzdem authentisch - für mich als fast dreißigjährige Lehrerin zumindest. Bei der Lektüre in der Schule ist das wohl nicht für jeden ganz einfach, denn da wird einem das f*-Wort in allen deutschen und englischen Varianten nur so um die Ohren gehauen. Das kann auch zu Gesprächen über die Umgangssprache unter Jugendlichen anregen. Besonders lustig: Manche Passagen mit den Schülern gemeinsam, also laut, lesen. Da bleibt kaum ein Auge trocken.


Mittwoch, 13. August 2014

Erebos


 Ursula Poznanski, Loewe Verlag 2010


Quelle: www.loewe-verlag.de




"Erebos ist ein Spiel.
Es beobachtet dich,
es spricht mit dir,
es belohnt dich,
es prüft dich,
es droht dir.

Erebos hat ein Ziel:
Es will töten."

(Klappentext)









An der Schule des Teenagers Nick Dunmore geht Rätselhaftes vor sich. Sein Freund Colin ist plötzlich kaum noch zu erreichen, versäumt den Unterricht und das Basketball-Training, reagiert abweisend auf Nick und ist verdächtig unterwürfig den eigentlichen Außenseitern gegenüber. Und Colin ist nicht der einzige Schüler, der sich so verhält. Dazu kommt, dass regelmäßig quadratische Päckchen - CDs oder DVDs - unter den Jugendlichen weitergegeben werden, über die nicht gesprochen wird. Diese Geheimnistuerei stößt Nick sauer auf ... bis er selbst ein solches Päckchen angeboten bekommt. Erebos.

Gemeinsam mit Nick und seinem Charakter Sarius taucht der Leser ein in die Welt von Erebos, einem Fantasy-Rollenspiel, das die Spieler sofort in seinen Bann zieht. Das Besondere daran: Das Spiel selbst kommuniziert durch die Figur eines unheimlichen Boten mit Nick und erteilt ihm Aufträge, die über die fiktive Welt hinausgehen. Die Logik der Aufträge ist dem Teenager dabei meist nicht klar: Ein geheimnisvolles Objekt von A nach B transportieren, einen völlig Fremden fotografieren, ... Doch je länger das Spiel im Umlauf ist, umso fragwürdigere Dinge spielen sich in Nicks Schule ab und umso mehr verlangt der Bote.

Die österreichische Jugendbuchautorin Ursula Poznanski hat in ihrem Erstlingswerk eine Story erschaffen, in die man als Leser geradezu hineinfällt. Die fantastische Welt von Erebos, die man über Nick betritt und in der man Sarius' Abenteuer miterlebt, trägt dazu maßgeblich bei. Auch für Nicht-Spieler wird die Faszination, die Nick und seine Mitschüler in ihren Bann zieht, plötzlich nachvollziehbar. Unwillkürlich stellt man sich selbst die Frage: Was würde ich tun, um im Spiel zu bleiben?

Auf fast 500 Seiten reißt die Spannung nicht ab, bis zum Schluss kann dieser Roman überraschen. Nicht ohne Grund ist Erebos derzeit eines der beliebtesten Bücher unter Schülern. Potentielle Klassenlektüre? Ich würde davon abraten, den Schülern das Buch eher für die Privatlektüre empfehlen. Dann wird es sich - wie das Spiel - ganz von selbst verbreiten.

Montag, 9. Juni 2014

Die erstaunlichen Abenteuer der einzigartigen, ungewöhnlich spektakulären, grenzenlos mirakulösen Maulina Schmitt. Mein kaputtes Königreich

Finn-Ole Heinrich & Rán Flygenring, Hanser 2013


Quelle: www.hanser-literaturverlage.de
  
Eigentlich heißt Maulina Paulina, doch sie hat viiieeel zu maulen - daher der Kosename. Und weil Maulina so leidenschaftlich maulen kann, nennt sie ihr Elternhaus auch das Königreich "Mauldawien". Dort war sie bis vor kurzem die Prinzessin, nun aber wohnen sie und ihre Mutter in "Plastikhausen", wo alles aus Kunststoff ist und Haltegriffe die Wände zieren. Paulina Vater - "der Mann" - ist in Mauldawien zurückgeblieben, und das gefällt Maulina gar nicht!

Neben der für sie unerklärlichen Trennung ihrer Eltern muss sich Paulina auch noch in der neuen Umgebung und der neuen Schule - alles daran findet sie absolut doof - zurechtfinden. Eines Morgens taucht Paulinas Klassenkamerad Paul vor ihrer Türe auf und möchte mit ihr gemeinsam in die Schule gehen. Widerwillig geht Paulina mit und im Laufe der Geschichte freunden sich die beiden an. Maulina nimmt ihn eines Tages sogar mit nach Mauldawien, zeigt ihm den Garten dort und stellt ihn ihren Freunden vor. Gemeinsam mit ihnen will sie die Eltern wieder vereinen, sodass ihre Mutter und sie wieder in die frühere Wohnung einziehen können.

Das erste "erstaunliche Abenteuer der (...) Maulina Schmitt" begegnet als entzückendes Buch über ein skurriles kleines Mädchen, das sich in ihrem neuen Leben zu orientieren versucht und dabei ganz schön bockig sein kann. Die Illustrationen von Rán Flygenring ergänzen die Geschichte nicht nur optisch, sondern auch inhaltlich. So beginnt das Buch mit einer Aufgabe für junge Detektive: "Wache Augen können in diesem Buch 84 Topfpflanzen ausmachen! Finde sie alle und markiere jede gefundene Pflanze hier und am Ende des Buches." Außerdem gibt es Rezepte, Detektivtricks oder Maulinas Alptraum als Comic.

So wunderbar ich es finde, empfehle ich dieses "Kinderbuch" aus dem Hause HANSER ("empfohlen ab 10 Jahren") nicht für Kinder, denn die Erzählinstanz ist so komplex gewählt, dass sie für junge Leser wahrscheinlich zu anspruchsvoll ist, voll von vagen Andeutungen und rhetorischen Figuren. Zudem scheint es mit Paulinas Leben gerade stetig bergab zu gehen: Erst die unerklärliche Trennung ihrer Eltern und dann auch noch die Nachricht über eine schwere Krankheit der Mutter (Multiple Sklerose?), die sie bald in den Rollstuhl bringen und an der sie wohl früh sterben wird. Der einzige Freund, den sie in ihrem neuen Umfeld findet, wächst in problematischen Umständen auf: Er lebt in einer betreuten Einrichtung für Jugendliche, sein Vater dürfte im Gefängnis sein, denn er darf sich nur in Anwesenheit seiner "Betreuers" und zweier "Wärter" mit seinem Sohn treffen. Darüber hinaus kommt das Ende sehr abrupt, anstelle einer Abrundung der (Teil-) Geschichte erfolgt ein Verweis auf die Fortsetzung.

Als erwachsene Leserin mit deutlicher Affinität zu rhetorischen Raffinessen hat mir das Buch sehr gut gefallen und ich empfehle es ganz klar weiter! Ich bin nur nicht sicher, welchem Publikum ...

Als angeleitet Klassenlektüre in der Unterstufe ist die Geschichte (für ambitionierte Lehrer) sicher geeignet. Die Rezept- und Detektivtipps laden zu einer umfassenden, alle Sinne ansprechenden Auseinandersetzung ein. Für Schüler der AHS-Oberstufe oder BHS kommt das Buch als zu "kindisch" daher.




Natürlich gibt's das Ganze auch als Hörbuch. Das Besondere daran: Sandra Hüller war beim Deutschen Hörbuchpreis 2014 in der Kategorie Beste Sprecherin nominiert! Reinhören lohnt sich also absolut!

Montag, 19. Mai 2014

Was kam denn heute mit der Post?

Ich freu' mich ja immer über Post. Also, nicht über JEDE Post! Das "Flugblatt" der österreichischen Post finde ich zum Beispiel wirklich, wirklich, WIRKLICH lästig.

AAAber: Ich freue mich waaaaahnsinnig über Bücher-Post. Mein Postbote kann die Bücher meistens nicht durch den Briefschlitz quetschen und darum stellt er mir die Buchpakete immer auf den Postkasten oben drauf, sodass ich sie sofort sehen kann. Besonders happy bin ich heute, weil ich noch nie so viel Verlagspost auf einmal bekommen habe. Eine richtige "Paket-Parade" war das!





Dienstag, 13. Mai 2014

Die chinesische Sängerin


Jamie Ford, Bloomsbury 2014

 
Quelle: www.berlinverlag.de
Vorsicht, manche könnten diese Rezension als Spoiler auffassen! Die wenigen Angaben, die gemacht werden, sind jedoch meiner Ansicht nach notwendig, um den Charakter des Romans zu beschreiben.

William Eng lebt in einem Waisenhaus im Seattle der 30er Jahre.  Manche der Kinder werden adoptiert, andere - wie den asiatischen Jungen William - will niemand aufnehmen. Es ist die Zeit der Wirtschaftskrise, Rassendiskriminierung ist an der Tagesordnung. In den Kinos und Theatern treten jedoch bereits auch Schwarze auf - und die Asiatin Willow Frost.
Eben diese sieht William, als er mit den anderen Jungen des Waisenhauses einen Film ansehen darf, und ist überzeugt, dass es sich bei der Schauspielerin um seine Mutter handelt. Das Wissen, dass seine Mutter längst tot ist, kann ihn von dieser fixen Idee nicht abbringen. Gemeinsam mit seiner blinden Freundin Charlotte nimmt er heimlich Reißaus, um seine vermeintliche Mutter, die mit einer Künstlergruppe gerade in der Stadt gastiert, zu finden.

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Bei einem Zusammentreffen am Bühnenausgang stellt sich - für mich etwas unerwartet - heraus, dass es sich bei der Schauspielerin Willow Frost tatsächlich um Williams Mutter handelt.
Nachdem ich Klappentext und Leseprobe gelesen hatte, erwartete ich mir eine Geschichte à la "Gottes Werk und Teufels Beitrag", in der ein Waisenjunge loszieht, um die Welt kennen zu lernen. Doch mit dem Auftritt der Mutter nimmt der Roman eine jähe Wende: Jamie Ford springt in die beginnenden 20er Jahre zurück und erzählt das Leben von Liu Song Eng, dem Mädchen, aus dem einmal die große Schauspielerin werden soll. Es ist eine Leidensgeschichte, die Liu Song durchläuft, ein Schicksalsschlag folgt dem anderen. Als Leser fragt man sich unweigerlich, wie viel Unglück einem Menschen noch geschehen kann.

Obwohl ich mich auf eine Jungengeschichte gefreut hatte, war die Lektüre von "Die chinesische Sängerin" keine Enttäuschung. Jamie Ford schafft es, geschichtliche und gesellschaftspolitische Inputs in seinen Roman einfließen zu lassen, ohne dass man als Leser den Eindruck gewinnt, vom Autor belehrt zu werden (ein Umstand, den ich übrigens beim Lesen gar nicht mag). Gleichzeitig lässt er genügend Lücken, die von Leser zu füllen sind, sodass man sich gedanklich mit der Handlung auseinandersetzen muss/kann.

Im Voraus habe ich mir gedacht: "Hurra! Kein typisches 'Frauenbuch'!". Nun bin ich mir nicht sicher, ob die Tatsache, dass es vornehmlich um Liu Song und ihre Transformation zu Willow geht, den Roman zu einem "Frauenbuch" macht oder nicht. Nimmt man die weibliche Hauptfigur sowie die Möglichkeit der Identifikation mit dieser als Kriterium, dann muss diese Frage wohl mit Ja beantwortet werden. Was Jamie Fords Roman in keinem Fall ist: Ein bla-bla-Buch, das man halb konzentriert liest, während der Mann Fußball schaut, weil es einen im Grunde kalt lässt. "Die chinesische Sängerin" berührt. Im Innersten.

Montag, 5. Mai 2014

Michael Römling: Seitenwechsel


ERSCHEINT AM 01.06.2014

Leseprobe vorabgelesen!

Zur Covergestaltung:
Das Cover punktet durch originelles Plattenspieler-Design im Retro-Look. Schriftarten und Farbkonzept tun ihr Übriges. Das ist definitiv ein Cover, das neugierig auf die Story macht.

Quelle: www.coppenrath.de

Klappentext:

Berlin im Sommer 1961: Die Brüder Bernhard und Julius teilen sich eine Wohnung im Osten der Stadt. Während Julius mit seinem amerikanischen Freund Jack durch die Westberliner Jazzkeller tingelt, beobachtet Bernhard in einem brandenburgischen Wald sowjetische Soldaten bei einer mysteriösen Verladeaktion. Am nächsten Morgen findet er seinen Vater erhängt auf.
War es wirklich Selbstmord, wie die Stasi behauptet? Bernhard und Julius beginnen, heimlich Nachforschungen anzustellen und geraten dabei zwischen die Fronten der Geheimdienste. Von der Stasi erpresst, beschließen sie, sich in den Westen abzusetzen. Doch in der Nacht ihrer Flucht versperren Stacheldraht und Wachposten ihnen den Weg: Von einem Tag auf den anderen ist Ostberlin zu einem Gefängnis geworden, in dem die Brüder keine ruhige Minute mehr haben.


 Vom ersten Satz an bin ich vom Schreibstil Michael Römlings begeistert, denn es handelt sich um poetische Sprache, in der rhetorische Mittel wie Personifizierung und Allegorie ihren Platz haben, ohne zu schwulstig anzumuten. Auch die Spannung lässt keinerlei Wünsche offen: Im Falle von Julius und Jack ist es ein unverhoffter Autodiebstahl, bei Bernhard und Georg ein dummer Zufall beim Fotografieren von Luchsen, der die Handlung ins Rollen bringt. Während jedoch erstere nun lediglich ohne fahrbaren Untersatz dastehen, sehen zweitere sich in Lebensgefahr, denn sie wissen, dass sie Zeuge einer äußerst geheimen Angelegenheit geworden sind. Und dann auch noch das: Bernhards Vater hat sich erhängt. Zumindest scheint alles auf einen Selbstmord hinzudeuten.
In beiden Handlungssträngen wird dem Leser Lust auf mehr gemacht. Dank dem Klappentext weiß dieser bereits, dass sich die Figuren bald zusammentun werden, denn Julius und Bernhard sind Brüder.

Ein Jugendroman mit jugendlichen Protagonisten muss nicht zwingend ein Übermaß an Identifikationspotential mitbringen. Wie gut es heutigen Kids gelingt, sich in die Rolle von Teenagern zu versetzen, die ein verbotenes kulturelles Angebot im "kapitalistischen Westen" in Anspruch nehmen, oder die nachts mit Fotofallen nach Luchsen Ausschau halten, ist fraglich. Aber muss das denn unbedingt sein?

Der Innovationsgrad des Jugendromans ist mäßig, was jedoch nicht unbedingt stören muss. Für Freunde der DDR-Thematik kann es kaum genug Stasi-Verschwörungs-Geschichten geben. Als Österreicherin weiß ich, dass die Jugendlichen hierzulande ohnehin nur wenig über das geteilte Deutschland wissen. So gesehen kann es für Teenager durchaus neu und aufregen sein, etwas über diese (noch nicht allzu lang) vergangene Zeit zu erfahren.


ISBN: 978-3-649-61517-0
448 Seiten
17,95 Euro (Deutschland)

Samstag, 3. Mai 2014

Stefan Selke: Lifelogging. Wie die digitale Selbstvermessung unsere Gesellschaft verändert

Quelle: www.ullsteinbuchverlage.de



Leseprobe vorabgelesen!





Zur Covergestaltung:
Ein Menschliches Gesicht, geformt von Einsen und Nullen - einem Binärcode also. Die Idee ist passend, allerdings nicht allzu einfallsreich. Dass man für den Titel die Schriftfarbe Rosa ausgewählt hat, irritiert mich etwas. Eigentlich stehen wir ja heutzutage da drüber, aber etwas Weibliches schwingt doch irgendwie mit ...












Titel und Untertitel ließen mich sofort an Facebook, Twitter, Google+ (und wie sie alle heißen) denken. In Wirklichkeit geht es um viel mehr, um "das nächste Level" der Selbstdarstellung, wenn man so will: Wie und warum zeichnen Menschen sämtliche Daten ihres Körpers auf? Welche Motivation steckt dahinter, wenn Personen jeden Tag ihres Lebens mitfilmen? Und wie will man uns einreden, dass wir das auch tun sollen?

Stefan Selke beschreibt und erklärt einfach und verständlich. Man muss kein Technologie-Experte sein, um dem Inhalt folgen zu können. Man fühlt sich aber auch nicht auf Grund permanenter Belehrung, wie das in populärwissenschaftlichen Publikationen oft der Fall ist, wie ein unwissender Wurm.
Beim Lesen beginnt man schnell zu hinterfragen, wie man selbst mit unterschiedlichen Angeboten umgeht bzw. umgehen würde. Der Autor berichtet von seinen eigenen Experimenten mit unterschiedlichen Techniken und man vergleicht seine Erfahrungen mit den eigenen. So bringt das Buch einen Selbstreflexionsprozess in Gang ohne eine bestimmte Meinung zu diktieren.

Den Innovationsgrad schätze ich sehr hoch ein. Ich würde mich nicht als übermäßig technikaffin bezeichnen, kenne mich aber mit Facebook und Twitter gut aus, weiß, was man mit Instagram macht, was Hashtags sind, usw. Trotzdem war mir das Ausmaß der Möglichkeiten zur Selbstüberwachung und -dokumentation bis jetzt nicht bewusst. Das Spannende an diesem Sachbuch ist, dass es für den gemeinen Leser eine Vorausschau ist und nicht zum x-ten Mal Risiken und Chancen von sozialen Netzwerken durchkaut, sondern in die Zukunft weist - zumindest jetzt noch.

ISBN: 9783430201674
368 Seiten
19,99 Euro (in Deutschland)

ERSCHEINT AM: 09.05.2014


Freitag, 2. Mai 2014

LovelyBooks Themenchallenge - 2. Mai 2014


Hallo ihr Lieben!
Hier ist mein bisheriger Fortschritt in der LovelyBooks Themenchallenge:

Thema 9: deutschsprachige/r Autor/in

Thema 10: weniger als 250 Seiten

Thema 12: Autor, der schon mind. 5 Bücher veröffentlicht hat

Thema 14: Buchtitel besteht aus mind. 5 Wörtern

Thema 15: Übersetzung - nicht aus dem Englischen oder Französischen
(Übersetzt aus dem Norwegischen)

Thema 16: Schauplatz mit mind. 1 Mio. Einwohner


Schon 6 Punkte abgehakt! Wie weit seid ihr?

Donnerstag, 24. April 2014

Weil ich To-Do-Listen liebe: Die LovelyBooks Themenchallenge 2014


LovelyBooks.de hat für das Kalenderjahr 2014 eine interessante Lesechallenge ausgerufen:
Es gilt zu 15 der 20 vorgegebenen Kategorien ein Buch zu lesen. Unter allen, die die Challenge absolviert haben, wird ein Überraschungspaket verlost. Das Witzige daran ist nicht NUR der Ansporn, beim Lesen endlich wieder Listen abzuhaken (wie damals, in der Volksschule), sondern auch die Originalität der einzelnen Kategorien:

1. Bücher, die erstmalig vor 2010 erschienen sind

2. Bücher, die Teil einer Reihe sind (ab mind. 2 Bänden)

3. Bücher, die ein vorrangig rotes Cover haben

4. Bücher, deren Buchtitel eine Zahl enthalten

5. Bücher, die ausschließlich als Taschenbuch / Broschur erschienen sind

6. Bücher, bei denen Vor- oder Nachname des Autors mit dem gleichen Buchstaben beginnt, wie der Buchtitel

7. Bücher, die bisher noch keine Rezension auf LovelyBooks haben

8. Bücher, in denen es um's Essen geht - das muss auch durch Buchtitel, Cover, oder Ähnliches ausgedrückt sein

9. Bücher von deutschsprachigen Autoren

10. Bücher, die weniger als 250 Seiten haben

11. Bücher, auf denen hauptsächlich Schrift und kein vordergründiges Covermotiv zu sehen ist

12. Bücher von Autoren, die schon mindestens 5 Bücher veröffentlicht haben

13. Bücher, die in er Hardcover-Ausgabe einen Schutzumschlag haben

14. Bücher, deren Buchtitel aus mindestens 5 Wörtern bestehen

15. Bücher, die aus einer anderen Sprache als dem Englischen oder Französischen übersetzt wurden

16. Bücher, die in einer Stadt mit mehr als 1 Mio. Einwohner spielen

17. Bücher, die in einem unabhängigen Verlag erschienen sind (keine Verlagsgruppen / Konzerne)

18. Bücher, auf deren Cover mindestens 3 Lebewesen zu sehen sind

19. Bücher, die auf LovelyBooks mit 4,5-5 Sternen bewertet sind

20. Bücher, deren Hauptfigur mindestens 10 Jahre jünger oder älter als ihr selbst ist


Ich habe sofort Lust auf's Mitmachen bekommen! Ihr auch?

Wenn ihr auch mitmacht, lasst es mich doch wissen! Ich fände es spannend, auch eure Fortschritte mitzuverfolgen und mich mit euch auszutauschen und freue mich über Kommentare hier, auf meiner FB- oder LB-Seite!


Dienstag, 22. April 2014

Der Gefangene des Himmels


Carlos Ruiz Zafón (2012)


Der Gefangene des Himmels ist der dritte Band einer Tetralogie, deren Teile jedoch eigenständige, abgeschlossene Romane darstellen, die im Grunde in beliebiger Reihenfolge gelesen werden können: Der Schatten des Windes ist offiziell der erste, Das Spiel des Engels der zweite Band. Der vierte Teil ist noch nicht erschienen, darf aber mit Spannung erwartet werden.


Quelle: www.fischerverlage.de
Quelle: www.fischerverlage.de

Quelle: www.fischerverlage.de
Der Roman beginnt damit, dass der Ich-Erzähler Daniel Sempere (Protagonist in Der Schatten des Windes) rätselhaften Besuch in seiner Buchhandlung bekommt. Ein humpelnder Fremder, dem eine Hand fehlt, kauft ein besonders wertvolles und teures Exemplar und hinterlässt es im Laden mit einer geheimnisvollen Widmung für den Angestellten und engen Freund Daniels und seines Vaters: "Für Fermín Romero de Torres, der von den Toten auferstanden ist und den Schlüssel zur Zukunft hat." Als Daniel nach Verschwinden des eigenartigen Mannes diese Worte liest, beschließt er den Laden zu schließen und ihm zu folgen. Er findet heraus, dass er in einem zwielichtigen Hotel unter Fermíns Namen abgestiegen ist und berichtet dem Freund davon. Dieser warnt ihn vor dem Fremden, weigert sich jedoch, weitere Informationen über ihn mit Daniel zu teilen.
Fermín, der kurz vor der Hochzeit steht, verhält sich im Allgemeinen ungewöhnlich, weshalb Daniel, der die Vermählung gefährdet sieht, ihn zur Rede stellt. Daraufhin berichtet Fermín von seiner Vergangenheit im Gefängnis des Kastells von Montjuïc und schlägt damit die Brücke zwischen den vorangegangenen Romanen. 



Damals nämlich entstand eine Freundschaft zwischen Fermín, den der Leser bereits aus Der Schatten des Windes kennt, und David Martín, dem Protagonisten aus Das Spiel des Engels. Chronologisch liegt der zweite vor dem ersten Roman, die Zeit im Gefängnis ist dazwischen anzusiedeln. Der Gefangene des Himmels schließt nun an den ersten Teil an. Diese Verworrenheit der zeitlichen Einteilung der Ereignisse macht, unter anderem, den Reiz dieser Romane aus.

Der Klappentext kündigt den "packendste[n] und temporeichste[n] Roman des großen Carlos Ruiz Zafón" an. Leider wird damit eine Erwartung erzeugt, die bei der Lektüre enttäuscht wird. Für Liebhaber der Reihe rund um den "Friedhof der vergessenen Bücher" ist die Geschichte trotzdem unterhaltsam, da viele Zusammenhänge geklärt werden. Die Spannung lässt - zumindest meiner Meinung nach - jedoch sehr zu wünschen übrig. Die wenigen Lücken, die Zafón noch lässt, wecken aber auf jeden Fall die Vorfreude auf den vierten Band.

Für mich gehört Der Schatten des Windes zu jenen Büchern, die ich gerne Lesebegeisterten empfehle, da ich selbst durch Mundpropaganda darauf aufmerksam wurde. Eine Freundin meines Freundes sagte einmal zu ihm: "Das musst du lesen, dieses Buch ist der Wahnsinn!" So gebe auch ich es weiter, auch an Schüler, die mich nach einem Buchtipp fragen (ja, solche gibt es noch). Das Spiel des Engels hat mich ebenso gefesselt.

Freitag, 18. April 2014

Krieg. Stell dir vor, er wäre hier

Janne Teller (2011)


Quelle: Hanser Literaturverlag
Quelle: dtv


























"Wenn bei uns Krieg wäre.
Wohin würdest du gehen?"

Mit dieser provokanten Frage beginnt die dänische Autorin Janne Teller dieses Buch. "Gedankenexperiment" wird es im Klappentext genannt. Zum Inhalt steht dort folgendes:
"Die westliche Welt ist zusammengebrochen. Wir befinden und mitten im Krieg. Aber wohin kann man noch flüchten? Nur der Orient bietet Schutz und das Versprechen von Frieden. Für eine deutsche Familie bedeutet das, die Koffer packen und alles hinter sich lassen."
Es ist ein spannendes und erschreckendes Szenario, das hier aufgebaut wird. Der Leser wird mit "du" direkt angesprochen und flüchtet mit der fiktiven Familie nach Ägypten. Die Zeit im Flüchtlingslager wird beschrieben, Probleme der Integration aufgeworfen. Der Stil ist ein berichtender. Knapp werden die Geschehnisse umrissen. Mehrmals habe ich von Schülern gehört, dieser emotionslose Stil erlaube wenig Identifikation mit den vorkommenden Figuren, da zu oberflächlich beschrieben werde. Ich persönlich sehe gerade darin die Stärke des Buches. Dass ich die Lücken als Leser selbst füllen kann, darin liegt für mich mehr Identifikationspotenzial, als wenn Figuren, Schauplätze, usw. genauer vorgegeben wären. So ist es ein Buch, das jeden betrifft.

Auf Grund der Kürze kann Krieg sehr schnell durchgelesen, sollte aber intensiv nachbearbeitet werden. Umfassendes Material dazu bietet der dtv-Verlag auf seiner Homepage an. Meiner Meinung nach beschränkt sich der Wert dieses "Gedankenexperiments" nicht auf den Deutschunterricht. Ich kann es mir auch gut im Rahmen von Geschichte, politischer Bildung, Religion oder Ethik vorstellen. Auch hier kommt der geringe Umfang dem Lehrer entgegen.

Das Buch ist im Hanser Literaturverlag erschienen und dort nun in einer optisch sehr ansprechenden Hartbandversion zu haben, die aussieht, wie ein europäischer Pass. Allein diese Covergestaltung gibt sicher viel für eine Diskussion mit Schülern her. Außerdem, und so sehe ich es vorwiegend, gibt es eine Taschenbuchausgabe aus dem dtv.
Der Hanser Verlag bietet auf seiner Seite zum Buch Videos von Janne Teller an, außerdem gibt es eine eigenständige Internetseite zum Buch, auf der die Beiträge zu einem Schreibwettbewerb veröffentlicht sind: Lehrer und Schüler sollten damals das Buch gemeinsam lesen und sich kreativ damit auseinandersetzen - das bringt viele Ideen für den eigenen Unterricht. Darüber hinaus bietet der Verlag auch kostenloses Unterrichtsmaterial an, das ebenfalls über diese Seite zum Download bereit steht.




Freitag, 11. April 2014

Antoinette kehrt zurück


Olivia Vieweg (2014)

Quelle: www.comicsgalerie.de

Antoinette lebt in Los Angeles. Um ihre Kindheit in Deutschland macht sie am liebsten ein Geheimnis. Dass die meisten ihrer Kollegen glauben, sie sei Schwedin ist ihr nur recht, denn diese Vergangenheit würde sie selbst am liebsten vergessen. Als Tochter einer psychisch kranken Mutter wurde sie in der Schule gemobbt und so von ihren Klassenkameraden regelrecht gequält. Besonders Jonathan, der "Anführer" dieser grausamen Spiele, geht ihr nicht aus dem Sinn und sie lässt keinen Tag verstreichen, ohne ihr Heimatdorf über eine Webcam zu beobachten.





Eines Tages beschließt sie, den Alpträumen ein Ende zu setzen und begibt sich auf die Reise zurück in ihre Kindheit, um mit dem Erlebten abschließen zu können. Kaum in dem idyllischen Ort Harzberg angekommen, läuft ihr auch schon eine "Freundin" von damals über den Weg und nimmt sie mit zu einer Gartenparty, bei der ihre einstmaligen Peiniger versammelt sind und sie umschwärmen. Schließlich weiß jeder, dass Antoinette in den USA einen berühmten Schauspieler geheiratet hat. Nur einer fehlt: Jonathan. Antoinette erfährt, dass er einen Verkehrsunfall hatte und wegen der Folgen in einem Pflegeheim behandelt wird. Man drängt sie, ihn zu besuchen, was Antoinette dann auch tut. Opfer und Täter von damals begegnen sich am Krankenbett, an das der gelähmte Jonathan nun gefesselt ist.

Mit Antoinette kehrt zurück hat Olivia Vieweg ein graphic novel geschaffen, das es durchaus mit großer Literatur aufnehmen kann. Sie selbst weist auf Dürrenmatts Drama Der Besuch der alten Dame hin und gibt damit den Anstoß zu einem Vergleich, der mir als Lehrerin Lust auf Literaturunterricht macht. Doch nicht nur dieser Vergleich kann ergiebig sein! Auch die Gestaltung der einzelnen Bilder im Buch sowie das mysteriöse alter ego, das Antoinette zurück in ihre alte Heimat lockt bieten sich für Analyse und Interpretation an, die auf Grund der Kürze und Überschaubarkeit des Werkes wenig mühsam sind. Im Rahmen der Leserunde auf www.lovelybooks.de habe ich das Buch nun schon fünfmal gelesen und habe immer noch Freude daran, weil ich immer wieder auf Neues stoße. Manches hat sich für mich auch erst nach der Auseinandersetzung mit den Beiträgen anderer Leser geklärt.


Was die Bilder und Bildkompositionen betrifft ist zu sagen, dass jede Doppelseite einer Sinneinheit entspricht, ähnlich einer Szene in einem Film. Das strukturiert den Text schön bzw. könnte im Unterricht dadurch die Textstruktur leicht besprochen und analysiert werden.
Was ich auch spannend finde ist, dass in graphic novels Details eingebaut werden können, ohne sie zur Sprache zu bringen. Zum Beispiel wird über Vögel nie explizit gesprochen, doch sie kommen in den Bildern vor und so wirkt ihre Symbolik, ohne dass sprachlich darauf hingewiesen wird.

Ein besonderes Extra ist der Anhang im Buch. Die junge Autorin gewährt einen Einblick ins Comic-Zeichnen, zeigt verworfene Versionen der Protagonistin und alternative Titelseiten. Wer vorhat, graphic novels zum Thema seines/ihres Unterrichts zu machen, ist hier auf jeden Fall gut bedient.


Der noch junge Egmont Verlag ist übrigens Teil einer Stiftung, "deren Ziel es ist, die sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Lebensumstände von Kindern und Jugendlichen zu verbessern." (Quelle: Impressum "Antoinette kehrt zurück")

Freitag, 28. März 2014

Der Tag wird kommen

Nina Vogt-Østli (2014)



Gleich zu Beginn weise ich darauf hin, dass diese Rezension ein SPOILER ist! Das heißt, der Ausgang des Buches wird verraten. Wer sich lieber überraschen lassen will, sollte nur bis zum Link lesen. Normalerweise versuche ich, das Ende eines Buches nicht zu verraten, doch in diesem Fall scheint es mir von Bedeutung zu sein.

Meine Neugier auf Der Tag wird kommen hätte größer kaum sein können. Auf meinem Tisch im Konferenzzimmer lagen eine Leseprobe des Verlages und der Hinweis, das Buch sei neu für die Schulbibliothek angeschafft worden. Das Cover und der Klappentext haben mich gereizt, aber auch gleich konkrete Erwartungen in mir geweckt: 

Quelle: www.coppenrath.de
"Das Leben ist hart, wenn du ganz unten bist. Wenn deine Mutter keine Zeit für dich hat. Wenn dein Vater wünscht, du wärst nie geboren worden. Wenn der mieseste Schlägertyp der Schule dich auf seiner Abschussliste hat. Wenn sie auf dich eindreschen, Tag für Tag, bis du wie ein zitternder Haufen im Dreck liegst. Doch eines Tages können sie sich nicht mehr zusammenrotten - und dann bist du am Zug. Eines Tages werden sie sehen, wer du wirklich bist, was du wirklich kannst, Wozu du fähig bist. Aber bis es so weit ist, musst du überleben."

Darunter steht in roter Schrift:
"Nach Janne Tellers Nichts ein neuer beeindruckender Jugendroman aus Skandinavien - ein erschreckendes Gedankenspiel, das einen so schnell nicht wieder loslässt."

Im Rahmen der Autoreninfo über Nina Vogt-Østli findet sich außerdem die Informationen: "'Der Tag wird kommen' ist ihr erster Jugendroman und entstand noch vor den Breivik-Attentaten in Norwegen."



Die Lektüre hat mich vorerst enttäuscht. So hart wie Cover und Klappentext vermuten lassen, ist der Inhalt nicht.
Der Protagonist, Hans Petter (sic!), ist ein 15-jähriger Schüler. Seit seiner Kindheit wird er von seinem Klassenkameraden Andreas schikaniert. In der Unterstufe hat er noch versucht, sich gegen das Mobbing zu wehren. Hans Petters Mutter June stieg auf die Barrikaden, hat Lehrer und Eltern eingeschaltet und so versucht, dem Leiden ihres Sohnes ein Ende zu setzen. Doch dieser musste erkennen, dass all das Andreas und seine Freunde nur noch mehr angespornt hat. Nun ist Hans Petter in der "Mittelstufe", die er nach diesem Schuljahr beenden wird. Er hat gelernt, sich möglichst unsichtbar zu machen, bloß nicht aufzufallen. So hofft er möglichst uninteressant für seine Angreifer zu sein. Das hat auch einigermaßen funktioniert - bis sein Vertrauenslehrer Gunnar ihn zum Treffen einer "Projektgruppe" einlädt, und das auch noch vor der ganzen Klasse.
Durch die vermeintliche Gunst des Lehrers wird Hans Petter wieder zum beliebten Opfer von Drohungen, weshalb er versucht, seinen Peinigern aus dem Weg zu gehen und hofft, nicht auf dem Heimweg abgefangen zu werden. Ironischerweise ist die von Gunnar gegründete "Projektgruppe" eine Ansammlung von Schülern, die er auf Grund ihrer Außenseiterrolle ausgewählt hat, um ihnen ein Forum zu bieten und sie bei der Selbsthilfe zu unterstützen. Der Lehrer meint, seinen Schülern dadurch helfen zu können, macht sich in ihren Augen damit aber eher lächerlich, da er dadurch für sie offenbar macht, dass er das Ausmaß des Mobbings nicht überschauen kann.
Soziale Kontakte hat Hans Petter kaum. Die Mitschüler ziehen es vor, ihn zu meiden, schließlich will niemand selbst zur Zielscheibe von Gemeinheiten werden. Zu Hause vertieft sich der 15-Jährige sich in die Welt eines Computerspiels und verbringt die Abende mit seiner Mutter vor dem Fernseher, was er angesichts der Situation in der Schule genießt. Er ist überzeugt, intelligenter als alle anderen zu sein, selbst seine eigene Mutter betrachtet er als einfältig.

Eines Tages wird Hans Petter von einer Unbekannten angechattet. Ihr Name ist Fera und sie scheint ihn zu kennen. Das lässt bei Hans Petter natürlich alle Alarmglocken klingeln, vor allem als Fera ihn nach Andreas Strømme fragt. Doch wie sich herausstellt, ist das Mädchen ungefährlich. Sie ist im gleichen Alter wie Hans Petter und die beiden verstehen sich nicht schlecht, doch Fera scheint verrückt zu sein: Sie behauptet, in der Zukunft zu leben, in Zeit, nachdem die Menschheit sich durch einen Krieg beinahe selbst ausgelöscht hat. Darüber kann der Schüler jedoch hinwegsehen. Die Freude, jemanden gefunden zu haben, mit dem er offen reden kann, überwiegt und er spielt dieses Spiel eine ganze Weile mit. Die Gespräche mit Fera lassen ihn seine Probleme zeitweise vergessen. Sie bestärken ihn sogar in dem Vorhaben, Andreas' Gewaltherrschaft ein Ende zu setzen und es gelingt ihm, den Schlägertypen beim liebevollen Schmusen mit einem Kätzchen zu filmen. Doch das scheint Andreas nicht großartig zu beeindrucken und Hans Petters Probleme sind damit nicht gelöst.
Stattdessen kommen neue hinzu: June gesteht ihrem Sohn, dass sie und sein Lehrer Gunnar ein Paar sind, sein Vater macht die unüberlegte Bemerkung, er sei immer noch verärgert darüber, dass June sich nicht für eine Abtreibung entschieden und ihn so ungefragt zum Vater gemacht habe - was er nie sein wollte. In seinen Gesprächen mit Fera, dem geheimnisvollen Mädchen aus der Zukunft, spricht sich Hans Petter Mut zu und eines Tages bricht es aus ihm heraus.

Der Tag wird kommen bringt viele Themen ins Spiel: Erwachsenwerden, Mobbing, Gewalt, die Probleme einer Patchwork-Familie. In Feras Berichten aus der Zukunft geht es außerdem um den Umgang mit der Natur und den Mitmenschen, um die ideale Gesellschaft und darum, was aus der Welt, in der Hans Petter lebt (in der auch der Leser lebt) wird/wurde. Dabei ist der Erzählstil teilweise sehr belehrend.
Der Protagonist Hans Petter wirkt über weite Strecken unsympathisch und arrogant, was in seiner Opferrolle teilweise unverständlich scheint.
Obwohl der Roman weitgehend vorhersehbar wirkt, sollte man ihn in jedem Fall bis zum Ende lesen, da erst dann sein eigentlicher Wert offenbar wird.



Doch die Vermutung, Hans Petter werde in der Schule ein Blutbad anrichten, sich an Lehrern und Schülern für seine Leiden rächen, bewahrheitet sich nicht. Vergeblich wartet man auf die ach so vorhersehbare Rache an Andreas. Stattdessen lässt Hans Petter seine aufgestaute Aggression an Gunnar aus: Als dieser ihn wieder einmal vor der Klasse zum persönlichen Gespräch nach dem Unterricht einlädt, dreht der Schüler den Spieß um und stellt den Freund seiner Mutter bloß. Auf's Unflätigste beschimpft er ihn, fordert seine Mitschüler auf, auf ihre Mütter zu achten und gibt ihm den Spitznamen "Pervo-Gunnar", der in der Schule bald in aller Munde ist. Dieser Ausbruch bringt Hans Petter Andreas' Wohlwollen ein, ohne darauf abgezielt zu haben. Der einstige Feind präsentiert sich nun als Mitstreiter und Freund. Andreas stachelt Hans Petter noch am selben Tag zu einer Schmier-Aktion im Konferenzzimmer an: "Pervo-Gunnar ist scharf auf deine Mutter, deine Tochter und deine Hündin. Verrammelt die Türen und seid wachsam!", schreibt er an ein Plakat, das Andreas dann an die Pinnwand heftet.
Von da an leben die beiden in einer fragwürdigen Symbiose. Andreas spielt sich als Freund auf, nutzt Hans Petter jedoch im Grunde als Werkzeug aus, um den  unliebsamen Lehrer Gunnar fertig zu machen. Hans Petter hat das gleiche Ziel und fühlt sich durch Andreas endlich stark genug. Während Andreas Gunnar erst verprügeln will, überzeugt Hans Petter ihn schnell davon, den Freund seiner Mutter psychisch zu attackieren und sein Leben zu ruinieren: Er will den Vertrauenslehrer als Pädophilen hinstellen und ihn so zerstören. Bestärkt von Andreas und seinen Kumpels ist er es schließlich auch, der die Tat durchführt, obwohl er dabei bereits an seiner Idee zweifelt.

Der Roman endet mit einer E-Mail von Fera, der es inzwischen gelungen ist, Hans Petter davon zu überzeugen, dass die Welt in der sie lebt, über 300 Jahre in der Zukunft liegt. Sie gesteht ihrem Freund aus der Vergangenheit, dass sie ihn ganz bewusst kontaktiert hat und eine Freundschaft mit ihm nie beabsichtigt war. Sie schreibt ihm, dass der Diktator, der die Menschheit in seinem Krieg beinahe vernichten wird, er ist und dass Andreas ihm dabei zur Macht verhelfen wird. Dann bricht sie den Kontakt zu Hans Petter ab.

Erst im Anschluss an die Lektüre lässt sich die eigentliche Handlung überblicken: Beschrieben wird nicht ein Mobbing-Fall, sondern die Entwicklung einer Persönlichkeit - einer Persönlichkeit, die in ihrer Grausamkeit so weit geht, den Planeten Erde beinahe zu zerstören. Fera nennt den Diktator "ein[en] abgrundtief böse[n] Mensch[en]" (S. 238), der Leser kann das Böse, das in Hans Petter schlummert, nur erahnen. Wie verlockend diese Macht, die Fera ihm vorausgesagt hat, für das ehemals gepeinigte Mobbing-Opfer ist, lässt Nina Vogt-Østli offen und lässt somit Raum für Spekulationen, die sicher auch den Deutschunterricht bereichern können.

"Ganz langsam beginnt sich eine Ruhe in mir auszubreiten.
Ich weiß, wer ich bin.
Ich habe Fera verloren. Aber die Zukunft gehört mir." (S. 240)