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Ich bin immer auf der Suche nach Literatur, die jungen Menschen Lust auf's Lesen macht!

Mittwoch, 26. März 2014

Hier könnte das Ende der Welt sein


John Corey Whaley, Hanser 2014


Quelle: Hanser Literaturverlage

Cullen und Gabriel Witter sind Brüder. Sie leben in Lily, einer typisch amerikanischen Kleinstadt in Arkansas, in der so wenig passiert, dass die angebliche Sichtung eines als ausgestorben geltenden Lazarus-Spechtes die Einwohner in helle Aufregung versetzt. Die beiden Teenager und ihr bester Freund Lucas zeigen sich davon wenig beeindruckt. Gerade haben die Sommerferien begonnen, es sind die letzten Monate, bevor für Cullen, der gerade die High School beendet hat, ein neuer Lebensabschnitt beginnen soll. Doch noch bevor er sich ernsthafte Gedanken über seine Zukunft machen kann, verändert sich Cullens Leben schlagartig: Sein jüngerer Bruder Gabriel verschwindet spurlos.




Der Leser begleitet die Familie Witter durch Wochen der Trauer und der Angst, in denen die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Gabriel immer mehr schwindet. Cullen ist hin- und hergerissen zwischen diesem Mikrokosmos, in dem sich auch für ihn alles um seinen Bruder dreht, und seinem Teenagerleben, in dem er mit Mädchen ausgeht, mit Lucas Momente der Freundschaft und der Erinnerung an schöne Zeiten erlebt und in dem er sich für ein College entscheiden soll. Seine Heimatstadt befindet sich währenddessen im Specht-Wahn. Der Hype um das als ausgestorben geltende Tier steht der Suche nach Gabriel, bei der die Witters auf sich allein gestellt scheinen, grotesk gegenüber.

Parallel dazu wird eine Geschichte erzählt, die scheinbar in keinem Zusammenhang mit der der Witters in Lily, Arkansas steht: Ein junger Gläubiger, der 17-jährige Benton Sage, reist nach Afrika, um dort die Botschaft des Herrn zu verbreiten. Doch es läuft nicht nach seinen Vorstellungen und er bricht die Missionsreise ab und beginnt zu studieren. Am College beschäftigt er sich intensiv mit dem Buch Henoch, einer apokryphen Schrift des Alten Testaments, die er in Äthiopien kennen gelernt hat. Nach seinem Selbstmord führt sein Mitbewohner, Cabot Searcy, Bentons Recherchen fort und wird mit der Zeit völlig besessen von dem Inhalt des Buches.

Mit Hier könnte das Ende der Welt sein liefert John Corey Whaley eine berührende Geschichte über einen 17-Jährigen, der versucht, sich nach dem Verschwinden seines geliebten Bruders in seinem Leben zurechtzufinden. Einem Leben, in dem der Vater eine Hellseherin ins Haus bringt und auf ihren Hinweis hin nach der Leiche seines Sohnes gräbt. Einem Leben, in dem die Mutter sich im Zimmer ihres Jüngsten einschließt und dessen Musik hört und den Kontakt zu ihrer Schwester abbricht, als diese sagt, sie stelle sich Gabriel im Himmel vor. Einem Leben, in dem Cullen von seiner Freundschaft mit Lucas gestützt wird, sich verliebt und abseits der Sorge um seinen Bruder durchaus schöne Teenager-Momente erlebt.
Doch Whaleys erstes Buch ist mehr als ein reiner Jugendroman. Der Autor versteht es, auf unterschiedlichen zeitlichen Ebenen eine Geschichte zu erzählen, die nicht vorhersehbar ist und bis zum letzten Satz überrascht und die man trotz des bedrückenden Inhalts als positiv empfindet.

1 Kommentar:

  1. Dieses Buch will ich nächstes Jahr unbedingt mit Schülern lesen!

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